Fulda-GAP

Dieser Textbeitrag wurde ursprünglich auf der Webseite von MIO Marburg veröffentlicht.

Drs. Spies und Kopatz haben die Öffentlichkeit, die Stadtverordnetenversammlung und die Staatsanwaltschaft belogen – mindestens bis 04.03.2025 hatten Stadt, SEG und GeWoBau keinerlei Grundeigentum auf dem Gärtnerei-Philipps-Gelände.

Schritt für Schritt ist dies in beiliegender Veröffentlichung dargelegt. Sie trägt das Gewand eines Strafantrages mit Anregung der Wiederaufnahme der zwischenzeitlich eingestellten Ermittlungen.

Unter Fulda-Gap verstand man im alten Kalten Krieg die Frontlücke am westlichsten Vorsprung des Warschauer Paktes an der Hessisch-Thüringischen Grenze. Von dort erwartete man schnelle Panzervorstöße der NVA ins nur ca. 100 km entfernte Rhein-Main-Gebiet. Im neuen, nicht mehr ganz so kalten Krieg ist die Suwałki-Lücke quasi das Pendant zu dieser strategischen Achillesferse.

In Fulda hat die Werner-Projektentwicklung ihren neuen Sitz, welche sich vorwiegend in den Jahren 2018/2019 aus dem insgesamt 19.877 m² messenden Gelände der ehemaligen Gärtnerei Philipps 18.392 m² unter den Nagel gerissen hat. Alter Sitz war das benachbarte Mittelkalbach. Dort erwähnte Sandro Mattioli in „Germafia – Wie die Mafia Deutschland übernimmt“ gewisse N’drangheta-Aktivitäten.

Auf dem Gärtnereigelände sollen bekanntlich 90 Wohneinheiten, ein Supermarkt mit 15.000 unterschiedlichen Artikeln im Angebot und zuzüglich kleinerer Läden 2.444 m² Verkaufsfläche und zwingend nur 27 Parkplätze, unverbindlich weitere 97 entstehen, bei 12 bis 15 m Gebäudehöhe.

Fulda-Gap steht hier zum einen für den Beitrag dieses Projektes zum Marburger Haushaltsloch und zum anderen für die undichte Stelle im Bereich der Projektierer.

Zum einen wurde suggeriert, der Wertzuwachs von Bauerwartungsland komme zumindest zu großen Teilen auch städtischen Flächen zugute. Konkret geht es von 60 €/m² auf 300 €/m², Preise von 2018/2019 aus BORIS2020, aktuell sogar 380 €/m². Es stehen 6.322 m² Wohnbauflächen (WA, MI1, Mi2) in Rede, worauf 9.254 m² Geschossfläche realisiert werden können. Bezogen auf die Grundstücksfläche ergibt dies 1,5 Mio. € Planungsgewinn und bezogen auf die Geschossfläche sogar 4,2 Mio € Planungsgewinn. Zugrunde liegen hier Geschossflächenzahlen von 0,6 im benachbarten Referenzgebiet und flächengewichteter Durchschnitt von 1,46 auf dem Gärtnereigelände laut am 26.09.2025 beschlossenem, aber noch nicht bekanntgemachten Bebauungsplan. Dazu kommt noch der Planungsgewinn an den 6.976 m² Sonderbaufläche für den Supermarkt.

Tatsächlich hatten ausweislich Jahresabschlüssen Stadt bzw. SEG bis zum 31.12.2024 dort keinerlei Grundeigentum, aber dennoch zwischen 15.000 und 150.000 € Planungskosten, bis 130.000 € Abrisskosten und Vermarktungskosten übernommen. Vorkaufsrecht (§§ 24-28 BauGB) und das Instrument eines Ausgleichsbeitrages (§ 154 BauGB) im Rahmen einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (§§ 165 – 171 BauGB) ließ die Stadt sich durch die Lappen gehen. Nunmehr könnte die Stadt lediglich über den Städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB) Planungsgewinne für die öffentliche Hand abschöpfen. Indes hält sie diesen streng geheim und ließ die Stadtverordneten über die Katze im Sack abstimmen. Nur so viel verlautbarte die Stadt in der jüngsten Beschlussvorlage: Vor dem 04.03.2025 war er noch nicht unterschrieben, zum 20.03. sollte er es aber und anderenfalls verschiebe man die Beschlussfassung. Letztlich fand sie dann nicht im März, sondern am 26.09.2025 statt. Bereits mit Schreiben vom 19.03.2025 (Anlage 1 s.u.) berichtete die Staatsanwaltschaft aber aus vorausgegangenen Schreiben der Strafverteidiger von Drs. Spies und Kopatz:

„Die Einbeziehung eines privaten Investors zur Neuordnung des Gebietes sei darüber hinaus auch sinnvoll gewesen. Dieser habe das Gebiet geordnet und später die für den Wohnungsbau benötigten Flurstücke an die GeWoBau und die SEG weitergegeben. Der Kaufpreis habe dabei noch deutlich unter dem Bodenrichtwert gelegen.“

Zum anderen gibt es offenbar schon wieder Umplanungen bei der Anordnung der Baukörper, nach den Wünschen einer Eingetragenen Genossenschaft in Gründung „Goldener Maulbeerbaum“, Zur Aue 12, 35043 Marburg-Cappel, welche offenbar die gesamten 3.883 m² Allgemeines Wohngebiet im hinteren Bereich des Gärtnereigeländes mit 56 Wohneinheiten bebauen möchte, davon 13 Sozialwohnungen. Inwieweit dies auf Befreiungen vom Bebauungsplan hinausläuft, wird noch geprüft. Quantitativ wird der Zulässigkeitsrahmen offenbar nicht ganz ausgeschöpft.

Die Brandmauer ist bei diesen Machenschaften übrigens schon lange gefallen: Der AfD-Abgeordnete stimmte am 15.11.2024 und 26.09.2025 in der StVV jeweils mit Rot-Rot-Grün-Grün dafür, diese werthaltige, ästhetische und idyllische Grünbrücke zu Dammelsberg und Schloß herzuschenken, zu zerstören, zuzubetonieren und damit den Rotenberg und Marbach der Vermassung und dem Verkehrsinfarkt preiszugeben. Wahrscheinlich haben ihn die 88% Versiegelungsgrad so fasziniert – geplant sind wirklich genau 88,2%.

Erste Bodenbeprobungen auf dem Gärtnerei-Philipps-Gelände untermauern den Anfangsverdacht auf erhebliche Pestizid-Altlasten mit ggf. Erfordernis großflächiger und tiefer Bodensanierungen. Dieser Befund wird noch verschärft durch einen ca. 3 m hohen Schuttberg, der im August 2024 aus den Abbruchtrümmern der Gewächshäuser aufgetürmt wurde. Geschenkt, dass eine solche Aufschüttung eine genehmigungspflichtige bauliche Anlage im Sinne der Hessischen Bauordnung darstellt. Wesentlich werden anhaftende Pestizidrückstände Monat für Monat durch den Regen aus dem offenen Trümmerhaufen in den darunter liegenden Boden eingewaschen.

Im Rahmen eines allerersten orientierenden Screenings wurden in 5 Bodenproben (Nr. 1, 5-8) konkret 11 unterschiedliche Schadstoffe nachgewiesen:

1) 4,4′-DDT

2) Propiconazol

3) Dichlobenil

4) Polychloriertes Biphenyl PCB101

5) Polychloriertes Biphenyl PCB138,

6) Polychloriertes Biphenyl PCB153,

7) Polychloriertes Biphenyl PCB180

Ebenfalls untersucht wurden PCB28 und PCB52. Dies sind genau die 6 Leit-Kongenere nach Ballschmiter (PCB6)aus der Bundesbodenschutzverordnung. Dort Vorsorgewert = 0,05 mg/Kg, Prüf- und Maßnahmenwerte 0,2 mg/Kg für Nutzgärten, 0,4 mg/Kg für Kinderspielflächen und 0,8 für sonstige Bereiche in Wohngebieten.

Hier betrug PCB6 in 3 Proben 0,06 mg/Kg, in einer Probe 0,22 mg/Kg und Gesamt-PCB nach LAGA bis 1,2 mg/Kg Trockengewicht.

8) Dieldrin

9) Endrin

10) beta-Endosulfan

11) 4,4′-DDE

4 Bodenproben (Nr. 2-4, 9) waren ohne Befund, Nr. 10 war ein leeres gleichartiges Probengefäß als Negativkontrolle

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