Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zur Ausweisung von Wohnbauland im Richtwert von 5,9 Mio € im südwestlichen Eck des Vitos-Parks

Anschreiben an die Marburger Stadtverordneten von Dr. med. Andreas Matusch mit 2 Gutachten:

Sehr geehrte Stadtverordnete,

Ihr Kollege Matthias Simon und Mitarbeiter erfassten in 4 Begehungen 2010 und einer Begehung 2012 das 3,6 ha-Plangebiet mit dem 1,9 ha Roteichenwald nicht separat, sondernd nur den ca. 30 ha Vitos-Park insgesamt. Sie berichteten lediglich über das Vorkommen von Arten, nicht über die Anzahl Brutpaare.
Sie fanden insgesamt 27 Brutvogel- und 3 Gastvogelarten. Keine Brutvogelart war geschützt und lediglich eine auf der Vorwarnliste der Roten Liste Hessen.

Prof. Dr. Martin Kraft erfasste in 8 Begehungen im Juni bis August 2015 quantitativ die Vogelbestände im gesamten Vitos-Park und im Roteichenwald (Plangebiet) getrennt. Er fand im Gesamtgebiet 64 Brut- und 19 Gastvogelarten, allein auf das Plangebiet entfielen 47 Brut- und 14 Gastvogelarten. Allein im Plangebiet brütete je ein Paar des streng geschützten Wendehalses (Kategorie 1, RLH), sowie der Türkentaube und des Gartenrotschwanz (beide gefährted, Kategorie 3 RLH) und schließlich folgende Arten der Vorwarnliste der RLH: je ein Paar der Hohltaube, Kuckuck, Mittelspecht, Pirol, Klappergrasmücke, Kernbeißer, Stieglitz und zwei Paare Feldsperlinge; mithin 12 Paare aus 11 Rote-Liste Arten.

Gutachten von Simon & Widdig zum Herunterladen: Gutachten von Simon und Widdig

Gutachten von Prof. Dr. Martin Kraft zum Herunterladen: Vogelschutzgutachten von Prof. Dr. habil. Martin Kraft

Selbstverständlich gibt es bei den Vögeln wie bei den Menschen Zuzüge und Wegzüge, jedoch ist eine massive Zuwanderung zwischen 2012 und 2015, die zu mehr als einer Verdopplung der Vogelarten geführt hätte, doch reichlich unwahrscheinlich.

Wahrscheinlicher scheint mir, dass Herr Simon und Mitarbeiter 2010 und 2012 zumindest einige der folgenden Arten übersehen bzw. überhört hatten: Turmfalke, Straßentaube, Hohltaube, Türkentaube, Kuckuck, Waldohreule, Wendehals, Grauspecht, Mittelspecht, Kleinspecht, Pirol, Dohle, Hauben-, Tannen-, Sumpf-, Weiden-, Schwanzmeise, Gelbspötter, Klappergrasmücke, Wintergoldhähnchen, Sommergoldhähnchen, Misteldrossel, Grauschnäpper, trauerschnäpper, Gartenrotschwanz, Heckenbraunelle, Haussperling, Feldsperling, Gebirgsstelze, Bachstelze, Kernbeißer, Girlitz, Stieglitz, Bluthänfling, Birkenzeisig, Goldammer.

Sehr geehrte Stadtverordnete,
zahlreiche Marburger Bürger mögen es gar nicht, wenn sie an ihrem öffentlichen Eigentum beklaut werden und Ihr Umfeld durch widerliche Neubauten verhunzt und durch eine unverträgliche Bewohnerzahl vermasst wird. (Vom für dumm verkauft werden reden wir hier nicht…).
Die Grünflächen und Bäume im Innenbereich machen die städtische Lebensqualität aus und sind das Kapital Marburgs und Ihrer Kinder. Die Geh- und Fahrtauglichkeit der meisten von Ihnen wird sich schon bald altersbedingt deutlich einschränken. Sie können dann nicht mehr zum Spaziergang oder Picknick in die Natur rausfahren. Möchten Sie dann lieber auf der Parkbank unter der Kastanie um die Ecke ein Schwätzchen mit den Nachbarn halten oder mit ihrem Rollator in einer Betonwüste unter sengender Sonne stehen und dabei von besoffenem gröhlendem Halbstarken und deren Hunden belästigt werden?

Die Ideologie von der Nachverdichtung im Innenbereich auf Kosten von Grünflächen hat ausgedient!
Wenn denn nach sorgfältiger Belegung des Leerstandes und Umnutzung von Gewerbebrachen noch Wohnraumbedarf bestehen sollte, sollten Sie eher über eine bessere Verkehrsanbindung der umliegenden Dörfer nachdenken. Das beinhaltet auch die Wiederöffnung der in den letzten Jahren zerstörten, über die Innenstadt verstreuten Parkplätze. Denn ab einem gewissen Alter können Sie nicht mehr Bus fahren, dann klatschen Sie beim Anfahren auf den Boden, wenn Sie nicht ausgesprochen schnell einen Sitzplatz erreicht haben. Und wenn die Hilfsbereitschaft des Nachbarsjungen, der Sie zum Einkaufen in die Stadt fährt, mit Falschpark-Verwarnungsgeldern bestraft wird, wird er es irgendwann bleiben lassen.

Stoppen Sie die Zerstörung des Vitos-Parks und falls es zur Abstimmung über den Bebauungsplan kommt, stimmen Sie dagegen!

Vor einige Monaten hatten Sie die Privatisierung des Uniklinikums einhellig – nur leider 7 Jahre zu spät und herzlich wirkungslos – verurteilt. Am Elisabethenhof haben Sie es vor 2 Jahren verschlafen, die Privatisierung von Klinikgelände zu verhindern – die Bauten sind landschaftsprägend widerlich geworden. Hier haben Sie noch die Chance, die Privatisierung von weiterem Klinikgelände zu verhindern. Leisten Sie nicht der Bereicherung einiger weniger auf Kosten Behinderter, psychiatrisch-Kranker, Sterbender und Sozialschwacher Vorschub!

Was erwarten Sie von Ihren Mitbürgern, wenn Sie diese fortwährend mit lebensfeindlichen, lebensfremden und öffentliches Vermögen schädigenden Entscheidungen bekämpfen?

Viele Grüße und noch schöne Ferien
Andreas Matusch

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